Das alte Haus in Hörbranz ist Baujahr 1785. Der Steinmetz Norbert Troy sanierte es voll Hingabe. Sein Sohn Juri ist Architekt. Ständig wird an-, um-, aus- zu und weitergebaut. Der alte Hof lösst sich gut an die Bedürfnisse und das Wachstum der Familie anpassen. Für seine Schwester Katja baute Troy einen Stadel zum Atelier um. Ein Besuch.
Milde lächelt ein Engel aus weißem Marmor Ankömmlingen entgegen und hebt freundlich den rechten Arm zum Gruß. In der linken Hand hält er eine Feder. Er stammt aus dem 19. Jahrhundert, schmückte früher einen Grabstein und hat nun im Garten der Familie Troy eine neue Heimat gefunden. Er fühlt sich wohl an diesem Ort, wo das Bewußtsein um den Tod ein Teil des Alltags ist. 1979 haben Ingrid und Norbert Troy den Jägerhof, ein altes Gehöft in Hörbranz, entdeckt.

Es stammt aus dem Jahr 1785 und ist eines der ältesten Gebäude im Dorf. Damals war es bereits einige Jahre leer gestanden und ziemlich desolat, doch der Steinmetz erkannte, dass dieser Ort für ihn wie geschaffen war und kaufte es. Liebevoll sanierte er das alte Rheintalhaus. An seiner Stirnseite im Süden steht der Engel, dahinter reihen sich im Norden ein ehemaliger Stall, ein Heuboden und eine lange Scheune aneinander. Norbert Troy baute den Stall zur Werkstatt um, nutzte den Heuboden als Lager und einen Teil der Scheune als Atelier. Der Grundstreifen dahinter bietet noch Platz genug für alte Grabsteine, Lagerware und Findlinge, die Norbert Troy vorsichtig weiterbearbeitet, schleift und feilt, bis ihre Schönheit und ihr Wesen wirklich zur Geltung kommen. Seit 36 Jahren lebt und arbeitet die Familie Troy nun hier, das Gehöft und die Steinmetze vertrugen sich prächtig. Als Tochter Katja schwanger wurde, entwarf Juri Troy – damals noch Student – für die junge Familie einen Dachausbau auf der Scheune. Alle Familienmitglieder packten mit an und als dann die zweite Schwester Sandra Troy mehr Wohnraum brauchte, setzte Architekt Juri Troy ein schmales, langes Holzhaus an die westliche Grundgrenze: Es bildet mit der Scheune und dem Altbau nun einen geschlossenen Hof, um den gleichermaßen alle Wohnstätten von drei Generationen versammelt sind.


Die Begeisterung für schöne Steine und schmucke Schriften, die dem Gedenken von einem oder mehreren Menschen Fassung bieten können, übertrug sich auf die Tochter: Katja Troy wurde Steinmetzin und übernahm 2008 den elterlichen Betrieb. Bis dato hatten Kundengespräche im Wohnzimmer der Eltern stattgefunden, auch das Büro für die Buchhaltung war im alten Haus. Nun aber sollten die beiden ihre Pension genießen können. „Wir wollten den Firmenteil vom Privathaus trennen“, so Juri Troy. „Ich brauchte ein separates Büro mit zwei Arbeitsplätzen und einen Show-Room, in dem ich meine Sachen präsentieren kann“, sagt Katja Troy. Außerdem einen Raum für Besprechungen.
Also wurde der Teil des alten Heubodens, der unmittelbar an die Werkstatt angrenzt und bisher als Lager diente, ausgeräumt und von Juri Troy um geplant. 3,60 Meter breit, 10,50 Meter tief und fast 5 Meter hoch, liegt er etwas eingerückt zwischen Werkstatt, Vaters Atelier und Katjas Wohnung hinter dem Haus und ist vom Garten schon zu erahnen. Der Stadel ist etwa 150 Jahre alt, nur aus Holz und hat sehr viel Atmosphäre. „Die Wände waren noch in einem erstaunlich guten Zustand, der Heuboden aber schon sehr baufällig. Den haben wir rausgeschnitten,“ so Juri Troy. Sonst blieb außen möglichst viel von der alten Patina erhalten: Das alte Scheunentor, die sich an einer rostigen Eisenschiene erstaunlich leicht beiseiteschieben lässt, zeigt unmissverständlich, ob das Büro offen ist. Man betritt es durch eine helle, neue, holzgefasste Glastür, die schon den Blick ins Innere frei gibt. „Wir haben das alte Haus ausgehöhlt, die baufällige Decke rausgeschnitten und das Volumen optimal genutzt.“ Hinter den beiden alten Holzläden, durch die man früher das Gras in den Heuboden hob, steckt nun ein neues Oberlicht: So fällt noch mehr Sonne in den langen, hohen Raum und kann man auch vom Büro aus zum Elternhaus schauen. Der ganze, zweigeschossige Raum mit der Galerie und der Brettstapeldecke aus Fichte wurde im Winter von der Tischlerei Gerhard Berchtold im Werk in Einzelteilen vorgefertigt, angeliefert und im Stadel als eine Art großes Möbel zusammengesetzt.

Der Raum ist optimal genutzt und sorgfältig geplant: Eine Granitschwelle markiert den Übertritt vom Garten ins Büro, der Boden im Erdgeschoss ist mit hellem, bruchrauem Solnhofer Kalkstein gedeckt. Für betagte Kunden, für die der Weg die Treppe hinauf zu beschwerlich ist, gibt es rechts neben dem Eingang einen kleinen Klapptisch: Licht fällt von oben und durch die Tür herein, hier kann man sich in sehr angenehmer Atmosphäre besprechen. Dahinter führt ein langer Gang mit Seitentür zur Werkstatt bis zum Hinterausgang, durch den wieder Licht hereinschimmert. Links gibt es hier noch zwei Toiletten mit Waschbecken aus Stein. In einer Flucht mit der Eingangstür aber führt eine robuste, einläufige Treppe aus Eschenholz direkt nach oben. Ein eigens entworfenes, 2,70 Meter hohes Regal begleitet den Weg: Es ist aus veredelten Massivholz und in lauter 28 cm breite Segmente unterteilt, die Höhe der Regalböden ist variabel. Das warme Holz und die Steine, die präsentiert werden, harmonieren wunderbar. Katja Troy nutzt das Regal auch, um Grablaternen und Grabschmuck auszustellen – oder die bunten, schweren Turnschuhe aus Marmor, die sie fertigt. Im Bereich des Büros verbreitert sich das Regal um eine Ordnerbreite: so schafft es dezent wertvolle Lagerfläche für Buchhaltung und Co. Die Bürogalerie reicht exakt bis zur Antrittstufe der ersten Treppe: der zweigeschossige Eingangsbereich mit der fast raumhohen Verglasung macht einen hellen, luftigen und großzügigen Eindruck.



Von ihren Arbeitsplätzen können Katja Troy und ihr Lebensgefährte Thomas Nicolussi – ein gelernter Installateur, der aus Begeisterung und Liebe auf Steinmetz umsattelte – zum Elternhaus sehen – oder durch den Besprechungsraum hindurch über ihr Lager hinweg blicken. Als Tischplatte kam eine Granitplatte vom eigenen Lager namens „Mozart“ zum Einsatz, die sich in dieser Funktion sehr gut macht. Auch das Waschbecken an der Seitenwand – eine Steinschale in einer Nische aus beigem Kalkstein – sieht sehr edel aus. LED-Spots an der hohen Holzdecke sorgen für Vernissagengefühl. „Es war die beste Lösung“, ist Katja Troy überzeugt. Eröffnet wurde der Show-Room am 70. Geburtstag von Norbert Troy: mit einer Ausstellung seiner Findlinge.
Dieser Beitrag ist am 16./17. April 2016 in der Wochenendbeilage „Leben & Wohnen“der VN erschienen.