Regisseurin Barbara Gleissinger hat einen Teil ihrer Kindheit und Jugend in Alt Erlaa verbracht. Ihr Dokumentarfilm „27 Storeys“ ist eine Suche nach dem damaligen Glück und ein warmes, humorvolles Porträt des Mikrokosmos Alt Erlaa.
Das Glück trug Architekt Harry Glück schon im Namen, deklariertes Ziel seiner Architektur war „das größtmögliche Glück für die größtmögliche Zahl von Menschen“. Am nächsten kam er dieser Utopie im ikonischen Wohnbau Alt Erlaa in Wien Liesing. Dort plante Glück – mit Kurt Hlaweniczka, Requat & Reinthaller – auf einem Areal von etwa 20 ha rund 287.000 m2 Wohnfläche für etwa 9.000 Menschen. Seit 2015 heißt der Freiraum von Alt Erlaa „Harry-Glück-Park.“.Regisseurin Bianca Gleissinger ist in einer westseitigen Maisonettenwohnung in Block C auf Stiege drei im ersten Stock auf Tür fünf aufgewachsen, bis zu ihrem siebten Lebensjahr dachte sie, Alt Erlaa sei Wien. Als sie ausziehen musste, umarmte sie weinend die Dunstabzugshaube. Ihr Dokumentarfilm „27 Storeys“ dringt auf Spurensuche nach dem damaligen Glücksgefühl tief in den Mikrokosmos Alt Erlaa ein.
Das Glück trug Architekt Harry Glück schon im Namen, deklariertes Ziel seiner Architektur war „das größtmögliche Glück für die größtmögliche Zahl von Menschen“. Am nächsten kam er dieser Utopie im ikonischen Wohnbau Alt Erlaa in Wien Liesing. Dort plante Glück – mit Kurt Hlawenicka, Requat & Reinthaller – rund 25.000 m2 Glück für etwa 9.000 Menschen. Regisseurin Barbara Gleissinger ist in einer westseitigen Maisonettenwohnung in Block C auf Stiege drei im ersten Stock auf Tür fünf aufgewachsen, bis zu ihrem siebten Lebensjahr dachte sie, Alt Erlaa sei Wien. Als sie ausziehen musste, umarmte sie weinend die Dunstabzugshaube. Ihr Dokumentarfilm „27 Storeys“ dringt auf Spurensuche nach dem damaligen Glücksgefühl tief in den Mikrokosmus Alt Erlaa ein. Die 94 Meter hohe Anlage mit den Schwimmbädern am Dach und dem charakteristischen y-förmigen Querschnitt, U-Bahnanbindung, Kaufpark und Kirche ist längst eine Landmark und ein Phänomen. „Wohnen wie die Reichen für alle“ lautete das Glücksversprechen im vorgefertigten, großvolumigen Massenwohnbau der 1970er- und 1980er Jahre. Diese Bauform ist prädestiniert zum sozialen Brennpunkt, in Alt Erlaa gaben in einer Studie 98% an, glücklich zu sein.
„Wer in Alt Erlaa gewohnt hat, war wer“, sagt die Regisseurin. Und wer zum Bäcker ging, „war gekleidet wie im Denver Clan.“ Mit anteilnehmender Neugier, trockenem Humor und viel Empathie beginnt sie ihre Feldforschung, folgt langen, niedrigen Gängen mit abgehängten Decken, aufs Pool, in Wohnungen, dringt in die Clubräume im dunklen Maschinenraum von Alt Erlaa vor und findet hinter jeder Tür eine eigene Welt. Dreißig sind es insgesamt: Tanzclub, Foto-und Videoclub. Im ersten Freddy-Quinn Archiv finden sich etwa 300 CDs, VHS Videos voller Filmausschnitte, Schellacks, Pappkameraden, Plakate. „Die Kinder haben leiden müssen. Andere waren in Ägypten oder der Türkei, wir in Deutschland in Antiquariaten.“ Seit zehn, fünfzehn Jahren wachsen Zahl und Größe der Flugzeuge und Schiffe im Modellbauclub, nur beim Nachwuchs, da tut sich nicht viel. Etwa drei Leute im Jahr interessieren sich.
Man folgt der Regisseurin immer tiefer in ihre Wohnungen, Lebensgeschichten, den Alltag und die Träume ihrer Protagonist:innen. Sie kommt ihnen näher, gleitet dabei aber nie ins Voyeuristische ab. Der Film zeichnet ein liebevolles, mitunter berührendes Porträt von Alt Erlaa. Viele, die ihr begegnen, leben schon lange da, viele werden hier sterben.
„Am Anfang war der Prospekt und der versprach fast den Himmel auf Erden“, sagt Peter, der die Anlage schon kannte, als sie noch Baustelle war. „Nach dem Tod meiner Frau hab ich’s nicht gewußt, wie ich es runter schlucken soll.“ Also drehte er einen Film. Man sieht eine elegante Dame im Mantel durch den Rohbau stöckeln, er streckt den Kopf übermütig durch eine Fensteröffnung der künftigen Bleibe, rundherum wachsen die anderen Blöcke in die Höhe. 45 Jahre lebt Peter schon da, die Frühstücksbar hat ihm Harry Glück auf Wunsch eigens geplant. „ausziehen tu ich nur mit den Patschen voraus.“ Das Poster mit dem Segelschiff werden wir in einer Wohnung, die Hausarbeiter professionell leeren, wieder finden. Eine Pensionistin aus Graz zieht ein, in das „schöne, beginnende Ende meines Lebens.“ Sie wird hier auf der Terrasse ihren eigenen Wein haben, Erdäpfel ziehen und Ribisel.
„Alt Erlaa ist das größte Altersheim Österreichs. Die Anlage ist nicht mit der Zeit gegangen“, sagt Stefan, ein jüngerer Bewohner, der mit seinem Sohn hier lebt. Durch die Wohnung fährt ein Saugroboter, für eine Pflanzen hat er eine eigene Gießanalge konstruiert und einen vegetarischen Kochclub eröffnet. Mit Engelsgeduld versucht er den Mieterbeitrag von einer neuen Software zu überzeugen und hat einen Gemeinschaftsgarten initiiert. Die Grazerin ist schon da.
„Wie wäre mein Leben verlaufen, wenn ich die Dunstabzugshaube damals nicht losgelassen hätte?“ fragt sich die Regisseurin einmal. „Die Menschen, die damals nicht ausgezogen sind, sind vor allem eins: immer noch da!“ Ihre Mutter konnte nach der Scheidung die Wohnung nicht mehr zahlen, zum Glück Alt Erlaa verlassen und ist wieder zurückgekehrt, um das verlorene Glück zu suchen. Sonst wäre dieser wunderbare Film nie entstanden.