Als Bub baute Bernhard Baldauf sein erstes Baumhaus, später baute er welche für seine Söhne. Nun erfüllte sich der Tischlermeister seinen Lebenstraum: Ein Haus in den Bäumen zum Wohnen. Architekt Georg Bechter plante den smarten Holzquader, gebaut hat ihn Baldauf mit seinen zwei Söhnen selbst.
Baumhäuser sind faszinierend, sie atmen Abenteuer und Experimentierfreude. Sie können der Beginn einer lebenslangen Bauleidenschaft sein. Bernhard Baldauf liebt Baumhäuser. Als Bub hat er viele gebaut, als seine Söhne noch Buben waren, baute er auch für sie und mit ihnen welche. Ein paar Baumhäuser fanden sich auf seinem Grundstück immer irgendwo. Baldauf ist Tischlermeister, unterrichtet an der Berufsschule in Dornbirn und lebt auf tausend Meter Seehöhe sehr idyllisch und naturnah auf einem Hangrücken in Oberköhler am Sulzberg. Das Haus für seine Familie hat er selbst gezimmert, hier wohnt auch Sohn Lukas, ein selbstständiger Hufschmied und Schlossermeister, daneben steht der Stall mit vier deutschen Reitponys. Kleine Mädchen lieben sie, viele Zeichnungen beweisen es. Nördlich der Koppel beginnt ein kleines Waldstück, an dessen Saum die Überreste eines zerzausten Baumhausgerippes beharrlich und tapfer in den Ästen hängen.
Mit dem ephemeren Wesen dieser Gattung wollte sich der Bauherr nicht zufriedengeben. Er träumte von einem Baumhaus, in dem man wirklich zwischen den Wipfeln wohnen konnte. Und zwar jederzeit, tags- und nachtsüber, Frühling, Sommer, Herbst und Winter, immer, wenn einem danach war. Lang trug er diesen Traum mit sich, der Bau eines vollwertigen Mini-Hauses in den Bäumen ist in vielerlei Hinsicht außergewöhnlich. Architektur, Statik, Errichtung, Haustechnik, Bauphysik, Möblierung, Details – nichts ist hier alltäglich, Baugenehmigung braucht es trotzdem. 2013 sprach der Bauherr den Altbürgermeister von Sulzberg, Helmut Blank, erstmals darauf an – „gut Ding braucht Weile“. Er beschloss einen “jungen Architekten aus dem Bregenzerwald” mit einem Entwurf zu beauftragen. Georg Bechter war seine erste Wahl, dieser hob auch am Samstagnachmittag das Telefon ab und war sofort Feuer und Flamme. Damit begann das Abenteuer.
Der Bauherr kannte sein Waldstück gut, zwei Jahre hatte er beobachtet, wohin sich die Bäume bei Sturm bewegten. „Wir haben genau überlegt, wie weit wir herankommen können, damit sie nicht frontal auf das Haus fallen.” Es liegt jetzt auf einer leichten Böschung im Grenzbereich von Wiese und Waldsaum, die selbst bei ärgstem Wind und Wetter außerhalb des Schwingungsradius benachbarter Bäume bleibt. Pragmatismus ist auch dabei: Der Anschluss für Wasser und Strom befindet sich hier. Als der Entwurf so weit gediehen war, stellte man dem Bürgermeister das Projekt am Bauplatz vor, 2018 erfolgte der positive Baubescheid.
Die Statik des Hauses, dessen tiefes Essplatzfenster neugierig zwischen deren Ästen aus der Fassade in Richtung Tal, Bodensee und Schweizer Bergen lugt, ist so ausgelegt, dass es Windgeschwindigkeiten bis zu 150 km/h standhält. “Wir waren einmal bei einem Sturm mit über 100 km/h drinnen”, erinnert sich der Bauherr. “Die Bäume rundherum haben gewackelt, das Haus nicht.” 13 schräge, schlanke Stützen aus Cortenstahl tragen diesen recht hoch aufragenden, kompakten, schindelverkleideten Holzquader, der genau genommen kein Baumhaus, sondern ein Hybrid zwischen Hochstand und Mini-Behausung ist. Denn es trägt sich selbst. Einige Bedingungen waren zu erfüllen. “Es durfte nicht mitten im Wald stehen, keinesfalls am Boden, Erschließung und Raumprogram mussten funktionieren”, sagt Bechter. “Vor allem sollte man das Gefühl haben, zwischen den Ästen zu stehen. Das gehört zum Baumhaus einfach dazu.” Das Haus ist also beachtlich hoch aufgeständert, seine Stützen erinnern an abstrahierte Baumstämme und machen den …