Alexander Brodsky spricht stockend, zeichnet düster und baut ephemer. Seine Architektur ist oft temporär angelegt, hoch poetisch und überdauert doch Jahrzehnte. Der charismatische Moskauer Künstler war an der TU Wien zu Gast.
Alexander Brodsky wirkt sehr klein und gebeugt, sein Rücken ist gekrümmt. Wahrscheinlich hat er zu viel gezeichnet bei schlechtem Licht, lastet die sowjetische Lebensrealität schon viel zu lange viel zu schwer auf seinen Schultern oder beides. Fast alle seine Zeichnungen sind nachtschwarz, wie seine Kleidung. Brodsky ist einer der eigenwilligsten Architekten und Künstler der Gegenwart. Sein Element ist das Ephemere, sein liebstes Material der Ton, aber nur der ungebrannte. Ton, der genau genommen Staub ist, Staub und Wasser und jederzeit wieder zu Staub werden kann. Und mit Wasser wieder zu Ton. Ein unendlicher Kreislauf, wie das Leben, sein Werden und Vergehen.



Brodsky ist ein zutiefst philosophischer Mensch, seiner Architektur ist das Bewusstsein um den Verfall stets eingeschrieben. Er erkennt die Schönheit in den Dingen, die andere ausgemustert haben. Seine Interventionen sind bescheiden, die Materialien oft Findlinge, Konstruktionen beiläufig und fragil. Sie sind der Witterung ausgesetzt wie Menschen ohne Regenschutz, gerade dadurch aber sehr widerständig. Brodskys Architektur verändert sich ständig, feiert den Zufall und das Unvorgesehene. Selbst einen Pavillon aus Eis hat er schon geplant, Wasser auf einem Gitter gefror zu Glas, das genauso lange hielt wie die Minusgrade. Alles hinterlässt eine Spur, trägt sie in Schönheit und Würde, jede erhöht die atmosphärische Dichte.
Brodsky wurde 1955 in Moskau geboren und am dortigen Architekturinstitut ausgebildet. Gemeinsam mit Ilya Utkin war er einer der Schlüsselfiguren der „Papier Architekten“, die mit Zeichnungen visionärer Architekuren den internationalen Durchbruch schafften. Sie reagierten damit auf die Unmöglichkeit, in einem oppressiven System der Planerkollektive und Plattenbauten eigenständig zu arbeiten. Sie reihten sich mit ihren Zeichnungen in die Tradition der russischen Konstruktivisten und trafen genau den Nerv der Zeit. 1996 emigrierte Brodsky in die USA.
Längst lebt er wieder in der Nähe von Moskau. Dort gründete er im Jahr 2000 sein Büro und begann zu bauen: Restaurants, Häuser, temporäre Architekturen. „It still amazes me, that I became an architect“, hieß seine Ausstellung im Architekturzentrum Wien, die von 30. Juni bis zum 3. Oktober 2011 zu sehen war. Ein komplett schwarzer Raum im Raum, das fast raumfüllende Becken am Boden war mit Wasser gefüllt, auf dem ein schwarzer Ölfilm lag und ebenso roch.…