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Sieben Drachen und ein Hund © Filmstill, Andrea Seidling

Sieben Drachen und ein Hund © Filmstill, Andrea Seidling

in herzstück

Megacity im Nebel

Isabella MarboevonIsabella Marboe

Mit 32 Millionen Einwohnern und Einwoherinnen ist das chinesische Chongqing die bevölkerungsreichste Stadt der Welt. Die gelernte Architektin Andrea Seidling drehte dort den sehr elegischen, essayistischen Dokumentarfilm „Sieben Drachen und ein Hund.“

Es beginnt mit einem verblichenen Drachen mit fransigen Flügeln und langem Schweif vor einem bewölkten Himmel, hinter dem die Sonne aufblitzt. Dazu monotone Trommeln und eine flüsternde Stimme auf dem Off, die von ihrer sehr speziellen Flugangst spricht. Von der Furcht davor, dass die Welt sich auflösen könnte. Was sie nicht tut, aber fast. Sie bleibt vage, die unruhig suchende Kamera streift sie nur fragmentarisch, nimmt sie in der Spiegelung einer fahrenden U-Bahn mit. Dahinter sitzen Menschen mit Masken und sind trotzdem in Bewegung.

Sieben Drachen und ein Hund © Filmstill, Andrea Seidling

Hochhäuser ziehen vorüber, sie scheinen ohne Ende, eines neben dem anderen, eines wie das andere, gruppieren sich zu Clustern in der Skyline, jedes Baujahr eine neue Serie von Hochhaus-Klonen, gemeinsam sind sie diese Stadt. Willkommen in Chongqing, einer Megacity am Zusammenfluss von Yangtze und Jialing im Südwesten von China.

Sieben Drachen, zwei Flüsse und ein Hund

Stimme und Kamera gehören Filmemacherin und Architektin Andrea Seidling, die als Artist in Residenz im Herbst 2023 einige Wochen in Chongqing verbrachte. Sie kehrte mit dem filmischen Essay „7 Drachen und ein Hund“ zurück. Er ist mit einer kleinen, unauffälligen „Handtaschenkamera“ gedreht und kommt deshalb der Stadt so nah. Chongqing ist ein Name, der nichts auslöst. Dabei ist Chongqing mit seinen 32 Millionen Einwohnern und Einwohnerinnen (2020) die bevölkerungsreichste Stadt der Welt, wenn man ausschließlich die administrativen Stadtgrenzen heranzieht. Seine Wachstumsrate beträgt 2,6 %, das Verwaltungsgebiet der Stadt ist annähernd so groß wie Österreich.

Neben Bejnig, Shanghai und Tianjin ist sie die einzige regierungsunmittelbare Stadt in China. Chongqing ist in seiner heutigen Ausdehnung sehr jung: es enstand erst am 14. März 1997 durch die Abtrennung des östlichen Teils der Provinz Sichuan und die Eingemeindung der umliegenden Großregion. Vielleicht wirkt es deshalb in diesem Film so seltsam gesichtslos. Seine Wurzeln aber sind alt, die Stadt existiert schon viel länger. Es sind ihre verbliebenen Teehäuser und Tempelbezirke aus der Vergangenheit, die nun die Touristen und Touristinnen anlocken.

Die Wohnblöcke, – türme und -scheiben sind alle sehr billig, alle sehr hoch, alle wassergetränkt und fleckig. Darüber ein bewölkter Himmel, unzählige Balkone, alle in normiertem Minimalmaß, Stockwerk über Stockwerk, hinter jedem eine Wohnung. Sie ziehen vorbei wie die Wolken am Himmel. „Der Nebel ist hier eine eigene Jahreszeit, er hat die Stadt im zweiten Weltkrieg vor Bombenangriffen geschützt“, wird die Stimme aus dem Off erzählen. Heute könnte er das wohl nicht mehr. Doch er verwandelt die rostschlierigen, abgasgrauen Häuser mit ihrer massierten Ansammlung pappkartondünner Loggien zu den vagen Schemen einer verschwommenen Skyline.

Libiza Station © Filmstill, Andrea Seidling

Der Drache kämpft heftig ruckelnd um seine Flugbahn, er ist schon sichtbar mitgenommen, mit brüchigem Schwanz und am Niedergang. Die Kamera zoomt oft, vor, zurück, doch die Schärfe entgleitet ihr, sie bleibt nur kurz. Das liegt am ständigen Unterwegs sein, dem Mahlstrom an vorbeiziehenden Bildern. Hoch geführte Stadtautobahnen, Highways, Brücken, Busse, gelbe Taxis, U-Bahntrassen, alles auf Brücken, die in unterschiedlichen Richtungen über- und untereinander verlaufen, einander queren, umrunden, überkreuzen und die natürliche, hügelige Topografie bis zur Unkenntlichkeit verstellen und zur verkehrsfreundlichen Verbindung begradigen. „Durch die Hochhäuser ist die Stadt an den Hügeln zu einer flachen Stadt geworden“, bemerkt die Stimme lakonisch aus dem Off. Peter A. Krobath hat ihr die Worte in den Mund gelegt, sein Text trägt durch den Film, genauso wie die großartige Musik von Brigitte Bauer. Ein Mann trägt sein Fahrrad von einer der Autobahnbrücken auf Stiegen in die Stadt. Gut zwanzig Meter.

Sieben Drachen und ein Hund © Filmstill, Andrea Seidling

Die spektakulär hoch geführte Liziba Station, an der eine U-Bahn zwischen Häuserschluchten mitten in Wohnblöcke hineinfährt, ist längst eine Massenattraktion, vor der sich auch Einheimische mit ihren Selfie-Sticks in Position bringen. Eine weitere ist ein original erhaltenes Teehaus. Auf einem Platz, der von niedrigen, roten, alten Holzhäusern mit Pagodendächern umgeben ist, tanzt eine Gruppe Frauen in langen, schwarzen Trachtenröcken zu schräger Dudelsackmusik. Sie tragen schwarze Schnürstiefel mit speziellen Absätzen. Vor einer Betonwand mit Grafitti tanzt ein älters Paar in Sneakers einen modernen Tanz, woanders führt eine Gruppe im Freien mit Stecken eine alte, sehr elegante Kampfsportart aus. In diesen Momenten, wenn die rastlose Kamera ruhig wird, um Streiflichter aus dem Mikrokosmos dieser Stadt aufzufangen, kippt die Megacity aus ihrer Anoymität und wird zur Nachbarschaft.

„Sieben Drachen und ein Hund“ zeigt die sehr unprätentiöse Perspektive eines Menschen, der irgendwo in einem durchschnittlichen, mehr oder weniger peripheren, mehr oder weniger austauschbaren Weichteil einer riesigen Metropole wohnt. Auszieht, um sie zu entdecken und so etwas erzählt, das allgemeingültig ist. Dieser filmische Essay erzeugt eine große Nähe, es ist, als tauchte man ihr in das Gewusel an den U-Bahnen, Autobusse und die Menschenmassen auf den Gehwegen dieser Stadt ein. Letztere führen mitunter befremdlich randsteinlos, gatschig und unbefestigt an Unorten mit Plakatwänden, Autowerkstätten und Müllplätzen vorbei. Sie zeigen ungeschönt die andere Seite von China. Von ihrem Fenster aus beobachtet die Filmemacherin einen Mann an einem Betonmischer, der an einem Verlängerungskabel hängt und den Zement in eine Schubkarre schaufelt. Wahrscheinlich entstehen viele Megacities einfach so.

Wie ein roter Faden zieht sich die Beobachtung des Mannes am Flachdach gegenüber durch den Film, der einen sehr scharfen Kampfhund trainiert. Gegen Ende wird er der filmenden Frau winken.

Dieser Film ist beim Sommererwachen in Schloss Drosendorf am 13. Juni zu sehen.

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