Wo Betroffenheit herrscht, ist Objektivität unmöglich. Vielleicht braucht es das manchmal. Für das Leid des palästinensichen Volkes gibt es keine Worte mehr, Videos dokumentieren unsägliches Grauen, man thematisiert es kaum. Angst vor Polarisierung geht um, während weiter Kinder verhungern und Menschen sterben.
Ein dreiviertel Jahr studierte die Autorin in Jerusalem. In Österreich lief Jörg Haiders Volksbegehren „Ausländer raus“, in Israel war Yitzhak Rabin von einem orthodoxen Juden ermordet worden. Letzerer fühlte sich als Held und Retter des heiligen Volks, die Stimmung war vorsichtig auf Tauwetter. Im christlichen Viertel der Altstadt von Jerusalem fand sich bei einer Palästinenserin ein Zimmer. Kein Gas, nur kaltes Wasser, in diesem Winter schneite es. Sie teilten keine gemeinsame Sprache, manchmal lud sie ihre studentische Untermieterin auf einen Fernsehabend. „Reich und Schön“, das lief auf arabisch mit englischen Untertiteln. Lachen, Grimassen, Gesten, sie kochte für zwei.
Das Studium an der Bezalel Kunstuniversität war hart: Alles hebräisch, sie besuchte den einzigen Ulpan (Intensiv-Kurs in Hebräisch für Olim hadaschim – Einwanderer und Einwanderinnen) in der Stadt, wo auch Palästinenser und Palästinserinnen saßen. Sonst: eine Deutsche mit einem schlechten Gewissen wegen dem Holocaust und ihrem Verhältnis mit einem verheirateten Juden, Olim Hadaschim aus Russland, dem Jemen, vereinzelt Touristen und Touristinnen. Ihre gemeinsame Sprache war die, die sie gerade lernten.


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